Unsichtbar Teil 2
Ich war unsichtbar, und Berlin jetzt mein Spielplatz. Nur bei welchem Spielgerät fing ich an? Zuerst musste ich einmal weg vom Institut. Weg aus dieser Gegend. Rasch ging ich den Bürgersteig entlang. Das Institut lag am Ende einer exklusiven Wohnsiedlung. Deshalb hatten sich auch nur einige wenige Schaulustige eingefunden. Hinter einer zweiten Absperrung, standen Männer mit Bierbäuchen, alte Frauen in hässlichen Kleidern, kleine Kinder und dann auch ein paar Teenager und Twens, mit knappen Tops und engen Hosen. Ich überlegte, zurückzugehen, doch dann wurde mein Wunsch zu groß, so schnell wie möglich diese Gefahrenzone hinter mir zu lassen.
Winzige Steinchen bohrten sich in meine Fußsohlen, manchmal war der Asphalt so heiß, dass ich Angst hatte, mich zu verbrennen. Auf dem Weg zur S-Bahn Wannsee verließ ich das Gelände des Instituts und kam an den ersten Wohnhäusern vorbei. Hohe Hecken vor großen Gärten, dahinter alte Villen. Mir knurrte der Magen. Zudem war der Weg mein Ziel. Also stieg ich über die erstbeste Pforte auf die Auffahrt zu einer Jugendstilvilla. Der kühle Rasen neben der Auffahrt tat meinen Fußsohlen wohl. Der Vorgarten war leer. Ich lief am Haus vorbei nach hinten, doch auch hier war niemand. Ein gepflegter Rasen, eine große Terrasse, dahinter die Glasfront zum Wohnzimmer. Die Markise war aufgerollt, der Sonnenschirm zusammengeklappt, die Jalousien geschlossen. Niemand zu Hause.
Ich lief zurück zur Straße und versuchte es beim nächsten Haus. Doch auch dort hatte ich Pech. Erst das dritte Haus, eine neoklassizistische Villa mit Säulen über der Haustür am Ende einer langen Auffahrt, bot mir, wonach ich suchte. Der warme Wind kitzelte meinen Körper, als ich über den Rasen vor dem Haus schlenderte. Zunächst an der Küche vorbei, dann über einen schmalen Weg zwischen Heidekraut, Tulpen und Stockrosen hindurch in den hinteren Garten. Eine Reihe hochliegender Fenster durchbrach die weiß gestrichene Fassade des Hauses, begleitet von Gesims, Erkern und halben Säulen. Dann endete das Haus. Der Bewuchs wurde dichter, der Weg fiel ab, das Haus verschwand über mir auf einem Hügel.