Der lange Sommer nach dem Abitur II
Die nächsten zwei Wochen sah ich Simone nicht und musste doch immer
wieder an sie denken. Simone würde ich erst wieder beim Abiball sehen,
ich fieberte der feierlichen Zeugnisausgabe mit jedem Tag mehr
entgegen, da ich Simone dort endlich wieder nah sein konnte. Ich
wusste, wir würden an einem Tisch mit ihr sitzen. Es war Freitag und
meine innere Anspannung stieg mit jeder Stunde weiter an. Meine Eltern
und ich fuhren gemeinsam zur Feier, die in der fünfundzwanzig Kilometer
entfernten Stadt in einem Hotelrestaurant stattfand. Kaum am Hotel
angekommen, hielt ich Ausschau nach Simone, doch nirgends war etwas von
ihr zu sehen. Der offizielle Beginn der Feier rückte näher, wir
Abiturienten nahmen unsere Plätze für die feierliche Zeugnisübergabe in
der ersten Reihe vor der Bühne ein. Die Gäste saßen hinter uns an ihren
Tisch, wo wir später auch sitzen würden. Das Rahmenprogramm begann und
mich beschäftigte nur die eine Frage, weshalb ich Simone nirgends
entdecken konnte, sodass ich fast noch den Moment verpasst hätte, wo
ich zur Zeugnisübergabe auf die Bühne sollte. Von der Bühne ging mein
Blick zum Tisch meiner Eltern, wo auch Simone und Bernd sitzen sollten.
Ich entdeckte Simone und war froh, dass sie dort saß. Es waren jedoch
vier Plätze an unserem Tisch frei und nicht nur die drei für uns
Abiturienten. Ich schaute noch einmal rüber und begriff dass Bernd der
Vater von Lena und Sandy fehlte.
Endlich war der erste offizielle Teil und das stillsitzen vor der Bühne
vorbei. Lena, Sandy und ich machten uns auf den Weg zu unserem Tisch.
Ich nutzte die Gelegenheit nach ihrem Vater zu fragen. Die Antwort von
Lena viel ziemlich knapp aus: „Der hat keine Zeit.“, und ihr
Gesichtausdruck verriet mir, dass es keine gute Idee war sie darauf
anzusprechen. Zeit über ihre Antwort nachzugrübeln blieb mir nicht, da
wir schon an unserem Tisch angekommen waren. Mein Blick streifte nur
kurz Simone, bevor meine Eltern mir noch einmal zum bestandenen Abitur
gratulierten. Simone umarmte ihre Töchter und ich wünschte mir an der
Stelle der beiden Mädels zu sein. Wenig später hatte ich einen Moment
Zeit Simone aus der Nähe zu betrachten. Sie trug ein dunkles Kleid und
sah einfach atemberaubend aus, sehr elegant und sexy. Simone trug ihr
dunkles Haar offen, die unendlich langen Beine wirkten mit ihren Pumps
noch länger und verführerischer. Der V-Ausschnitt und die Raffung des
Kleides unter der Brust, machten ihr Dekolleté zu einem Blickfang. Das
lange Abendkleid reichte weit über die Knie und war seitlich
geschlitzt, sodass bei jedem Schritt etwas mehr Bein zu sehen war.
Simone hatte mein frechen Blick bemerkt und lächelte: „Sebastian komm
mal her und lass Dich drücken!“ Ihre Worte waren noch nicht richtig in
meinem Hirn angekommen, als sie mich schon an sich drückte. Ich genoss
den leider zu kurzen Moment dieser Umarmung. „Alles Gute zum Abi,
genieß das Leben und vertrau ruhig ab und zu deinem Bauchgefühl!“,
hauchte sie mir ins Ohr. Ich verstand zwar nicht was sie meinte, doch
Zeit nachzufragen hatte ich nicht, da Simone sich nach kurzem
Blickkontakt mit mir, mit einem Lächeln, umdrehte und zwischen Lena und
Sandy Platz nahm. Ich setzte mich zu meinen Eltern, schräg gegenüber
von Simone, so wie es die Sitzordnung vorsah. Der Abend plätscherte
nun so vor sich hin. Mit ein paar Beiträgen von unserer Klasse und der
Parallelklasse wurde der Abend nach dem Essen sehr kurzweilig. Ich
wagte während des Programms immer wieder mal einen Blick zu Simone und
war glücklich über jedes kleine Lächeln von ihr, dass sie mir schenkte.
Nachdem das offizielle Programm gegen dreiundzwanzig Uhr vorbei war,
mischte ich mich unter die Leute. Der DJ begann Tanzmusik aufzulegen
und ich war froh rechtzeitig vom Tisch meiner Eltern verschwunden zu
sein, bevor meine Mutter mich zum Tanzen auffordern konnte. Dieses
schwere Los traf nun meinen Vater und ich konnte ungestört mit meinen
Klassenkameraden ein paar Bier trinken.