Aishe auf Abwegen
Manfred Knipp traute seinen Augen nicht. Waren die Zahlen wirklich korrekt? Er schaute dreimal hin: doch das Ergebnis änderte sich nicht.
‚Dieses Luder!‘, dachte er noch, dann griff er zum Telefon.
„Hallo, Frau Özgun?“, begann er, „kommen Sie bitte kurz in mein Büro?“
Manfred druckte die Zahlen aus und legte die Dokumente vor sich auf seinen Schreibtisch.
Aishe Özgun betrat sein Büro oder besser: sie schwebte herein. Die Parfumwolke, die sie einschloss, war überwältigend. Dazu ihr enges Kostüm…
Manfred heftete seinen Blick an ihr üppiges Dekollete. Nur mühsam konzentrierte er sich auf seine Aufgabe und bot ihr den Platz gegenüber seinem Schreibtisch an.
„Guten Tag, Frau Özgun“, begann er. Ihn hielt es nicht mehr auf seinem Platz. Er stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Aishe spürte, dass etwas nicht stimmte. Ihre Augen folgten seinen Bewegungen mit ungutem Gefühl.
„Ich habe hier…“, Manfred stockte und überreichte der jungen Frau stattdessen wortlos die Ausdrucke. Er ließ sie die Unterlagen in Augenschein nehmen, dann schlug er zu.
„Sie haben dreihunderttausend Euro unterschlagen“, fiel er mit der Tür ins Haus.
Aishe wurde blass. Wovor sie sich gefürchtet hatte, war eingetreten. Wie hatte er ihren Fehler bemerkt? Eine unbeschreibliche Angst überfiel sie.
Plötzlich stand ihr Chef hinter ihr. Sie spürte seine Wärme im Nacken und zu der Angst trat ein Gefühl des Unwohlseins seiner körperlichen Nähe.
Sie hörte seine Stimme hinter sich, als er meinte: „Wissen Sie, Frau Özgun, Sie sind undankbar! Im Vorstand unserer Bank war ich der einzige, der sich für Sie eingesetzt hat! Viele der Vorstandmitglieder hatten sich als Buchhalter einen Mann vorgestellt, nicht wenige waren mit der Wahl einer Türkin, noch dazu einer so jungen, unerfahrenen, überfordert. Ohne meine eindeutige Unterstützung für Sie hätten Sie diesen Job nie bekommen! Und dann betrügen Sie die Firma und mich auf diese…“, er zögerte, „hinterhältige Art und Weise!“
Aishe zuckte zusammen. Der Mann hatte ja so Recht! Wie konnte sie so dumm gewesen sein auf dieses besonders günstige Angebot herein zu fallen?