Power Exchange – Step 2: Ohne WENN und ABER
„Na, ein Glühwein zuviel gestern?“, fragte mich mein Redaktuer, als ich am nächsten Morgen verspätet bei der Arbeit erschien. Wer wollte es ihm verdenken? Meine Augen waren verquollen, meine Lippen spröde und mein ganzer Körper fühlte sich an, wie durch den Fleischwolf gedreht. Auch das Lutschen mehrerer Halstabletten konnten nicht verhindern, dass meine Stimme kratzig war und ich mich häufig räuspern mußte – kurz: ich war ein Wrack! Ein Wunder, dass ich es überhaupt geschafft hatte, mich aus dem Bett zu pellen!
Ich hatte nicht bemerkt, dass der Mann irgendwann in der Nacht meine Wohnung verlassen hat – als der Wecker klingelte, den er offenbar vorsorglich noch gestellt hatte, war er fort. Ich lag sorgfälltig zugedeckt allein in meinem Bett und durch das angekippte Fenster hörte ich die Müllabfuhr. Frustriert schlug ich dem Wecker auf´s Haupt und zog mir die Decke über den Kopf! Ich hatte keine Lust, der Welt mein Gesicht zu zeigen, ich fühlte mich wund!
Die vergangene Nacht erschien mir heute surreal, das war nicht ich, die sich die Lunge aus dem Leib geschrieen hatte, die gefleht und gewinselt hatte! Was um alles in der Welt war denn nur in mich gefahren, mich derart anzubieten?
Während vor dem Fenster das Leben seinen Lauf nahm, blitzten in meiner Erinnerung Bilderfetzen auf, auf denen eine Frau sich aus dem Bett lehnt, sich mit den Unterarmen auf dem Boden abstützend,ihren Arsch in die Höhe streckt und heiser brüllt: fick mich, fick mich! Mein Gott! Gäben die verklebten Spermareste auf Bauch und Brust nicht Zeugnis – ich hätte es nicht glauben können!
Ein furchtbarer Streit mit meinem Vater fiel mir ein, vor Jahren, als ich noch bei meinen Eltern lebte, in denen er mich beschuldigte, mich wie eine offene Hose zu benehmen, als er gesehen hatte, dass ich meinen Freund auf der Strasse geküsst hatte…vor den Nachbarn! WIe würde er wohl mein Verhalten der letzten Nacht bewerten? Seine Tochter, bürgerlich, gebildet und aus guter Beamtenfamilie…
Als ich pinkeln mußte ließ sich das Aufstehen nicht länger vermeiden. Müde schleppte ich mich Richtung Badezimmer, als mein Mobiltelefon klingelte. Mein erster Impuls war es, das den Anrufer zu ignorieren – vorsichtshalber schaute ich dennoch auf´s Display – und bekam weiche Knie…