Bereitschaftsdienst Teil 2
Selbst für eine neue Frauenarztpraxis war Dr. Ravlas Untersuchungsraum mehr als modern. Und auch Naima staunte nicht schlecht. Das Geräusch ihrer Heels auf dem Bogen und der Anblick einer schönen jungen nackten Frau… das passte hier alles nicht so zusammen, wie er es gewohnt war. Normalerweise achtet er immer auf eine professionelle Distanz. Aber diesmal viel es ihm sichtlich schwer nur „die Patientin“ und nicht mehr in dieser Frau zu sehen.
„Sie haben wirklich eine erstaunliche Praxis. Er hat nicht zu viel versprochen.“
„Ja, ich hatte Glück.“ Dr. Ravla schloss die Tür hinten sich. „Es ist ein Privileg hier arbeiten zu können. Bitte, ist Ihnen nicht doch etwas kalt ?“
„Danke, aber es geht schon. Der Raum ist angenehm warm und die Sitzheizung in Ihrem Wagen funktionierte auch wundervoll.“
Die Sitzheizung ! Beim Gedanken, dass diese Frau nackt auf dem warmen Ledersitz gesessen hat wurde ihm ganz anders. Er kämpfte. Er kämpfte mit seiner eigenen eisernen Moral. Nein, er durfte nicht so denken. Er durfte einfach nicht. Also versuchte er in sein übliches Schema zu kommen.
„Bitte Naima, wenn Sie erst einmal dort auf der Liege Platz nehmen möchten.“
Die Liege war insoweit nichts Besonderes. Weiß lackierte Metallfüße und eine rote Sitzfläche. Naima nickte ihm nur zu und nahm, wie gefordert, Platz.
„Ich darf Sie fragen, mit was für Wünschen Sie zu mir gekommen sind. Eine Routineuntersuchung oder….“
„Ja, eine ganz… normale Untersuchung.“
Sie sagte dies mit einem Unterton, der ihm das Blut in den Adern kochen ließ.
„Gut…. dann werde ich bei Ihren Brüsten beginnen.“
Er machte seinen ersten Fehler. Die Patientin sofort zu Beginn zu berühren war mehr als unüblich. Naima hingegen schien die Sache fast zu amüsieren. Ohne dass er sie auffordern musste, hob sie ihre Arme. Und er machte den nächsten Fehler. Er hatte sich weder die Hände gewaschen, noch diese angewärmt. Und da sich sein Blut eher in der unteren Körperhälfte befand hatte er eiskalte Hände. Und während er ihre warme Haut spürte und es ihm fast einen Schlag versetzte, zuckte sie leicht zusammen, grinste und fragte ihn: „Mit kalten ungewaschenen Händen zu arbeiten ist wohl auch sehr modern, oder ?“ Er wich sofort von ihr zurück. Was zum Teufel war hier nur los ?
„Ich… nein… oh bitte entschuldigen Sie vielmals.“ Er ging sofort zum Waschbecken. Und während er sehr nachdenklich für ein besseres Hände-Hygiene-Patientin-Verhältnis sorgte, sagte sie zu ihm: „Ich muss gestehen Herr Doktor, ich bin es nicht gewohnt zu Beginn einer Untersuchung gleich an meinen Brüsten berührt zu werden.“ Verflucht, hatte sie also auch diesen Fehler bemerkt. Sollte ihm diese Behandlung tatsächlich außer Kontrolle geraten ? Er erinnerte sich an seine Ausbildung: Bevor man eine Frage falsch beantwortet oder sich mit „äähhh“ und „mmhhh“ Zeit verschafft, sollte man lieber gar nichts sagen. Und so ließ er diese Aussage zuerst unkommentiert und trocknete sich, etwas zu lange, die Hände ab. Als er zurück an die Liege trat legte er ein künstliches lächeln auf und sprach dann etwas überdeutlich zu ihr: „Und ich bin es nicht gewohnt meine Patientinnen nackt und auf High Heels in meinen Untersuchungsraum zu führen.“ Er schaute an ihr herab auf ihre Schuhe. „Brian Atwood ?“ Sie lachte. „Nein, aber auch ein Wood.“ Und jetzt lachte auch er. „Also Kirkwood !“ „Ganz genau.“ Sie hob ein Bein und er betrachtete ihre wunderschönen Schenkel. Diese Schuhe rundeten den positiven Eindruck ab.
„Ich muss schon sagen Dr. Ravla, für einen Mann kennen Sie sich erstaunlich gut mit Frauenschuhen aus.“ Er hob seine Augenbrauen. „Es ist wohl mehr so, dass ich eine Schwäche für gutes Design habe.“ „Und teures Design.“ „Wenn diese Sachen Hand in Hand gehen, ja.“ „Wo wir grad bei Händen sind…“ Sie hob ihre Arme und verschränkte Sie im Nacken. Er grinste, zwinkerte ihr zu und trat an die Liege. Wieder diese warme weiche Frauenhaut. Gott, eigentlich war es doch so etwas durchaus gewohnt. „Diese Hände können also auch warm sein.“ „Was man nicht alles für seine Patientinnen macht…“ „Sehr fürsorglich von Ihnen.“ „Haben Sie Beschwerden ? Irgendetwas was ich wissen sollte ? Regelschmerzen, Allergien, etc. ?“ „Nein, soweit ich weiß ist bei mir alles in Ordnung.“ „Regelmäßiger Zyklus ?“ „Ja.“ „Wann zuletzt ?“ „Haben Sie Angst, dass ich Ihnen Ihre Liege verunstalte ?“ … Er taste sie nicht weiter ab. Sie lachte kurz und ergänzt: „Schon gut, ich blute schon seit einer Woche nicht mehr.“ „Sie scheinen gerne zu scherzen.“ „Muss denn jede Untersuchung streng nach Vorschrift ablaufen ?“ Normalerweise hätte er ohne zu zögern ein klares `Ja´ ergänzt. Aber ihre Aussage schien auch unkommentiert bleiben zu können. Und diese Untersuchung, soviel stand bereits jetzt fest, war wohl die seltsamste seiner Berufslaufbahn. Ihr Brustwarzen waren hart. Das war soweit nichts Besonderes, doch er achtete jetzt ganz genau auf ihre Reaktionen. Er war eigentlich schon längst fertig mit dem Abtasten. Es war soweit alles in bester Ordnung. Aber man(n) kann schließlich nie genau genug sein in seinem Beruf. Zumindest redete er sich diesen Grund ein.