Domi – das Kondom
Domi – das Kondom
Aus dem kurzen Leben eines Verhütungsmittels
Kurzgeschichte
Hi zusammen, ich bin Conni Dom – aber meine Freunde dürfen mich Domi nennen. Obwohl, sehr viele Freunde hatte ich bisher noch nicht. Klar, in diesem Haus welches ihr Menschen als Apotheke bezeichnet, lag ich mit vielen anderen Artgenossen – eng an eng zusammen in einem Regal. Aber Freundschaften kannst du so auch nicht wirklich schließen. Jede Nacht träumte ich davon, irgendwann gekauft zu werden und endlich etwas zu erleben.
Obwohl ich damals in der Fabrik, kaum dass ich das Neonlicht dieser Welt erblickte, sofort jeder Hoffnung auf ein langes und schönes Leben, wie ihr es als Menschen kennt und habt, beraubt wurde. Denn mein Dasein als extrastarkes, perlgenopptes, gefühlsechtes Markenkondom ist eigentlich nur auf den Augenblick ausgerichtet, wo ich aus meiner Kleiderhülle gezerrt, über einen steifen Penis gerollt, entweder in eine Möse oder ein enges Poloch gedrückt werde. Was mir im Grunde genommen aber völlig egal ist, weil es in beiden Körperöffnungen dunkel, feucht und heiß ist. Jedenfalls wurde uns dies so gesagt, bevor wir einzeln verpackt, aber in Gruppen sortiert, unsere erste große Reise antraten.
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Ich bin heute auf den Tag genau vier Monate alt und habe seit zwei Wochen meine eigene Einraumwohnung im Portmonee eines jungen Mannes, mit blonden Haaren und stahlblauen Augen, der vor Kurzem achtzehn Jahre alt geworden ist. Das Leben bei ihm ist gar nicht so übel, jeden Abend holt er mich kurz hervor und erzählt mir, was wir alles machen werden, wenn er seinen Kumpel Rudi endlich überzeugt hat mit ihm rumzumachen. Somit weiß ich jedenfalls schon einmal, dass ich im Hintereingang eines anderen jungen Mannes eingesetzt werden soll. Also andere Gummis hatten da deutlich weniger Glück, wenn ich zum Beispiel an meinen Artgenossen Berry denke, ein rotes Kondom mit Erdbeergeschmack.
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Draußen schüttete es wie aus Kübeln und wie immer hatten wir bevor der Betrieb losging Wetten darauf abgeschlossen, wer wohl als Nächstes verkauft werden und so dem langweiligen Leben im Verkaufsregal entkommen würde. Auf Berry, der bereits seit fast sieben Monaten hier lebte und aufgrund seines Alters, Bürgermeister unserer kleinen Regalgemeinde geworden war, hatte seltsamerweise niemand gesetzt, als an jenem Donnerstag im Mai, die Tür zum Verkaufsraum geöffnet wurde und ein weißhaariger, bebrillter, älterer Mann hereintrat, der vom Alter her stark an Methusalem erinnerte. Wenn es ginge und wir als Kondome welche hätten, wären uns Schauer des Entsetzens über die Rücken gelaufen. So lagen wir aber wie immer Seite an Seite in unserem Regal und konnten nur beten und hoffen, nicht ausgerechnet in die Hände dieses Mannes zu geraten.